14/04/2020
Ganz ohne Praxisräume kann man nicht praktizieren. Sie sind nicht nur für eine vertrags(zahn)ärztliche Zulassung erforderlich, sondern auch die Grundlage des (zahn)ärztlichen Arbeitens.
Die COVID-19-Pandemie bringt hier ein Problem für die Praxis mit sich, das nachhaltig Veränderungen erzwingen wird. Solange es keine Schutzimpfungen und keine gegen SARS-CoV-2 sicher wirksamen Arzneimittel gibt, besteht die Gefährdungslage fort – bis eine sog. Herdenimmunität erreicht ist, was für 2020 nicht zu erwarten ist. Auch nach Eintritt der Herdenimmunität ändert sich nichts an der Gefährdungslage für diejenigen Bevölkerungsgruppen, die nicht geimpft sind oder nicht geimpft werden können, für Touristen usw., so dass damit zu rechnen ist, dass die Anforderungen an die Infektionsprophylaxe durch bauliche Gestaltung nachhaltig verschärft werden.
Wer gerade einen Praxisumbau oder eine Neugründung plant, sollte die Infektionsprophylaxe durch bauliche Gestaltung mit in seine Planungen einbeziehen. Es geht dabei nicht nur um Patientenschutz, sondern auch und vor allem um den Schutz des Praxisteams.
Die Gestaltung von Praxisräumen bei Anmietung oder Erwerb verlangt die Beachtungpraxisspezifischer und bauordnungsrechtlicher Besonderheiten, die in Konsequenz der Corona-Krise künftig noch mehr in den Vordergrund rücken werden. Dies gilt vor allem für die baulichen Anforderungen an Hygiene und Infektionsschutz, woran künftig bei der Errichtung oder der Neugestaltung von Praxisräumen und bei der Praxisausstattung gedacht werden sollte.
Auch die Patienten sind aufgrund der aktuellen dramatischen Situation sensibilisiert. Sie dürften künftig mehr darauf achten, dass die räumliche Gestaltung und Ausstattung einer Praxis Infektionsrisiken etwa durch besondere Gestaltung der Wartebereiche und des Empfangs verringert.
Eine (Zahn)Arztpraxis benötigt nach den Bestimmungen der Bauordnungen der Bundesländer eine baurechtliche Nutzungserlaubnis, die in der Regel bei Neubauvorhaben mit der Baugenehmigung beantragt wird bzw. eine Nutzungsänderung, wenn in den vorhandenen Räumen statt bisher Gewerbe oder Wohnen künftig eine (Zahn)Arztpraxis betrieben werden soll. Wird eine (Zahn)Arztpraxis gemietet, ist daher schon vorher darauf zu achten, dass der Vermieter die Nutzungserlaubnis oder eine Nutzungsänderung zum Betrieb der Praxis besitzt und vor Abschluss des Mietvertrages auch nachweist. Erst dann sollte entschieden werden, ob die Praxis gemietet, übernommen oder geplante Baumaßnahmen umgesetzt werden sollen, denn die Behörde kann sonst die Nutzung der Praxis mit fatalen Folgen untersagen, sogar dann, wenn keine baulichen Veränderungen notwendig oder beabsichtigt sind.
Auch ein rechtzeitiger Kontakt zum zuständigen Gesundheitsamt ist empfehlenswert, denn es wird vom Baurechtsamt in das bauliche Genehmigungsverfahren einbezogen. Mit ihm kann auch vorab geklärt, ob z. B. bauliche Defizite kompensiert werden können.
Bisher wurde immer darauf geachtet, dass eine (Zahn)Arztpraxis, die gemietet oder errichtet wird, alle bauordnungsrechtlichen Kriterien erfüllt und über die erforderlichen Strukturen verfügt. Hierzu gehören nicht nur die Möglichkeit einer barrierefreien Erschließung, ausreichendes Tageslicht oder angenehme Temperaturen, sondern ab einer gewissen Größe auch Rettungswege im Rahmen des Brandschutzes oder statische Belange bei schwerer Technik.
Neben den allgemeinen Anforderungen der Landesbauordnungen der jeweiligenBundesländer und der Arbeitsstättenverordnung ist auch für eine ausreichende Hygiene und Infektionsprävention zu sorgen. Gemäß § 53 IfSG ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften über die an die Beschaffenheit der Räume und Einrichtungen zu stellenden Anforderungen sowie über Sicherheitsmaßnahmen zu erlassen, soweit dies zum Schutz der Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten erforderlich ist. Zwar ist die Einhaltung der Grundsätze der Hygiene und der Infektionsschutzbestimmungen in Praxen eine Selbstverständlichkeit. Diese könnten jedoch in Anbetracht der aktuellen Corona-Epidemie deutlich verschärft werden und sind auch im Rahmen eines guten Qualitätsmanagements (als Instrument der Unternehmensführung) bei allen Praxen, mit oder ohne Mitarbeiter, überörtlich oder fachübergreifend zwingend zu beachten und rechtzeitig bzw. vorausschauend anzupassen.
Es ist nicht auszuschließen, dass „Soll-Bestimmungen“ künftig zwingend werden, was eine nicht unerhebliche und kostenintensive Nachrüstung erfordern könnte.
Mit dem Argument des Bestandsschutzes bestehender Praxen wird man sich künftig dagegen kaum noch durchsetzen können.
Ungeachtet der betrieblichen Abläufe oder der Praxisorganisation rücken nun durch die Corona-Pandemie funktionelle und bauliche Anforderungen ins Rampenlicht der Behörden.
Dies betrifft die Sanitärräume, die Behandlungs-/Untersuchungsräume, vor allem aber auch die Wartebereiche und den Empfang.
Wichtig ist, dass die Sanitärräume mit Handwaschbecken ausgestattet sind und für Personal und Patienten getrennte Sanitärräume existieren. Auch die Wartebereiche sollten präventiv geplant werden. Eine Garderobe sollte ausreichend Platz bieten und über genügend Kleiderbügel verfügen. Wie zwischenzeitlich als gesichert gilt, verbreitet sich das Corona-Virus 2019-nCoV per Tröpfcheninfektion über Hände und Oberflächen, die häufig angefasst werden. Hierzu gehören zum Beispiel Klingeln, Türklinken und alle anderen direkten Gegenstände im Umfeld eines Patienten, die oft aus Metall oder Kunststoff sind.
Vermutlich überleben die Corona-Viren bei üblichen Raumtemperaturen über mehrere Tage und bleiben infektiös. Bei einer erhöhten Luftfeuchtigkeit soll sich die Überlebensdauer des Erregers sogar noch erhöhen.
Wichtig ist daher, dass Fußböden und am besten auch Wände sowie mobile Trennwände abwischbar und desinfizierbar sind.
Falls Fugen vorhanden sind, sollten sie so beschaffen sein, dass sie die Reinigung nicht behindern.
Dasselbe gilt für Gardinen, Inventar und Möbel. Teppichböden sind zu vermeiden.
Auch Sitzflächen in Warte- oder Behandlungszimmern sollten abwischbar und desinfizierbar sein.
Falls Holzmöbel vorhanden sind, sollten deren Oberflächen desinfektionsmittelbeständig sein.
Möbel auf Rollen erleichtern die Flexibilität im Falle einer erforderlichen Umverteilung und erleichtern das Desinfizieren der angrenzenden Umgebung.
Handwaschplätze sind dort zu platzieren, wo es zu direktem Patientenkontakt oder direktemUmgang mit Körperflüssigkeiten kommt.
Direktspender zum Waschen oder desinfizieren der Hände sollten so installiert sein, dass sie mit dem Ellenbogen betätigt werden können.
In Personalumkleideräumen ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiter ihre Kleider isolieren können.
Auch sollten örtlich getrennte Lagerräume für saubere Wäsche, Schmutzwäsche, Müll und Sterilisation vorhanden sein und, wenn sich die Möglichkeit bietet, ein Aufbereitungsraum und auf ein Entsorgungsraum eingerichtet werden.
Zu beachten sind auch die Hygieneanforderungen an raumlufttechnische Anlagen in Gebäuden (VDI 6022, DIN 1946-4).
Seit 2010 wird in einigen Verordnungen der Länder über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen der Bundesländer (HygMedVO) gefordert, dass z. B. für Einrichtungen für ambulantes Operieren und Dialysepraxen, aber auch Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, in denen invasive Eingriffe vorgenommen werden vor Beantragung der Bau-/Nutzungsgenehmigung oder, soweit es sich um ein genehmigungsfreies Vorhaben handelt, vor ihrer Durchführung hinsichtlich der hygienischen Anforderungen einen Krankenhaushygieniker zu beauftragen haben, der die Bauausführung begleitet (z. B. § 2 Abs. 3 HygMedVO NRW, § 3 Abs. 2 HygMedVO BW). Es ist nicht auszuschließen, dass diese Bestimmungen nun verschärft und ausgeweitet werden.
In Anbetracht der in der Corona-Pandemie geltenden Abstandsbestimmungen im Allgemeinen ist auf den Platzbedarf in den Warte, Sprech- und Behandlungszimmern, aber auch zum Empfang zu beachten.
Noch nie wurde in der Vergangenheit so viel über Atemschutzmasken, Schutzanzüge und Desinfektionsmittel gesprochen. Zum Schutz der Mitarbeiter kann in speziellen Bereichen, z. B. Empfangstheken oder Durchreichen an mobile Acrylglasscheiben gedacht werden, die vor der Übertragung schützen.
Die Möglichkeit, Wartebereiche flexibel abtrennen zu können oder gesonderte Durchgangsbereiche, vielleicht sogar Ein- und Ausgangsbereiche zu schaffen, um den körperlichen Kontakt zwischen Mitarbeitern und Patienten und Patienten untereinander zu reduzieren, lassen sich mit einer vorausschauenden Praxisplanung oft ohne bedeutend hohe Mehrkosten umsetzen.
Kontaktsperren, Quarantäne oder Videokonferenzen / Telemedizin weisen auf die Notwendigkeit hin, Alternativen zum direkten Kontakt zwischen Patient und Arzt zu schaffen. Eine Praxis muss sich für die Zukunft darauf einrichten.
Stand: 11.04.2020
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