09/04/2020

SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung

Referentenentwurf vom 08.04.2020
Aut-idem, Zuschläge für Apotheken, Marktüberwachung und weitere Änderungen

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) plant einschneidende Änderungen im Bereich der Arzneimittelversorgung. Vorgesehen sind u.a. die folgenden Änderungen:

1. Arzneimittelabgabe und Botendienste

Nachdem sich GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband darauf geeinigt hatten, die in den Rabattverträgen vorgesehene Substitutionspflicht von Arzneimitteln (aut-idem) bis einschließlich zum 30.04.2020 auszusetzen, gehen die vom BMG vorgesehenen Regelungen noch weiter.

Nach § 1 Abs. 4 der seit dem 08.04.2020 als Referentenentwurf vorliegenden SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung dürfen Apotheken, sofern das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist, an den Versicherten ein in der Apotheke verfügbares oder an die Apotheke lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben (§ 1 Abs. 4 Satz 1). Sind weder das verordnete Arzneimittel noch wirkstoffgleiche Arzneimittel vorrätig, kann nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt sogar ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel abgegeben werden (§ 1 Abs. 4 Satz 2). Das gilt selbst dann, wenn der Behandler das aut-idem-Kreuz gesetzt hatte (§ 1 Abs. 4 Satz 3).

Ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt darf durch den Apotheker in diesen Mangelfällen von der Packungsgröße, Packungsanzahl, der Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen (Auseinzeln) und von der Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen, abgewichen werden. Allerdings darf in allen Fällen die verordnete Gesamtmenge des Arzneimittels nicht überschritten werden (§ 1 Abs. 4 Satz 4).

Bei der Verordnung von Betäubungsmitteln nach § 5 Abs. 6 BtMVV (Substitutionsmittel) sind die Abweichungsmöglichkeiten eingeschränkt. Hier sind nur Abweichungen von der Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen möglich (§ 1 Abs. 4 Satz 5).

Bei einem Austausch von verordneten Arzneimitteln durch die Apotheken finden eine Beanstandung und Retaxation gem. § 129 Abs. 4 SGB V nicht statt (§ 1 Abs. 5). Dadurch sollen die Apotheken von diesem Risiko entlastet werden.

Für Fertigarzneimittel, die in der Onkologie für parentale Zubereitungen benötigt werden, sind ebenfalls Abweichungen vorgesehen. Sind die erforderlichen Wirkstoffe nicht zu den vereinbarten Preisen erhältlich, sind Abweichungen zulässig (§ 1 Abs. 6).

Weitreichende und inhaltlich nur wenig bestimmte Handlungsoptionen erhalten die zuständigen Behörden. Sie können ein Abweichen von den Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung gestatten, soweit dies erforderlich ist, um eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, einschließlich Betäubungsmitteln nach Anlage III zu § 1 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren weiterhin sicherzustellen (§ 2).

Apotheken dürfen nach § 4 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung ferner Zuschläge für die Lieferung von Arzneimitteln im Wege des Botendienstes Zuschläge in Höhe von € 5.- pro Lieferort erheben. Durch die Einführung des Zuschlages soll das Infektionsrisiko gering gehalten werden. Apotheken erhalten für die Auslieferung ferner einen einmaligen Zuschlag in Höhe von € 250.-. Dieser Zuschlag soll bei der Anschaffung von Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel unterstützen.

Weitreichende Änderungen (Aufweichungen) erfahren wesentliche Regelungen des Betäubungsmittelrechts durch die §§ 6 und 7, auf die hier nicht eingegangen werden soll.

2. Verkaufs- und Verpflichtungsverbot (§ 8) – Erweiterte Kompetenzen des BMG

In § 8 ist eine Ermächtigung für das BMG im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Marktüberwachung für Produkte des medizinischen Bedarfs vorgesehen. Produkte des medizinischen Bedarfs sind neben Arzneimitteln auch deren Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe, Medizinprodukte, Labordiagnostika, Hilfsmittel, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung und Produkte zur Desinfektion.

Mit der Marktüberwachung geht eine Auskunftspflicht der Hersteller und Vertreiber gegenüber dem BMG einher (§ 8 Abs. 2). Die Auskunftspflicht bezieht sich auf Bestände, Produktion, Vertrieb und Preise der erfassten Produkte. Das BMG kann ferner den Handel mit überwachten Produkten einschränken und weitere Vorgaben für Abgabe und Preisfestsetzung erlassen. Ferner kann das BMG ein Verkaufs- und Überlassungsverbot anordnen und Preise für bestimmte medizinische Produkte festsetzen. Voraussetzung ist, dass das Verbot zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung erforderlich ist. Da sich das Verbot ausdrücklich auf bereits eingegangene Verpflichtungen beziehen kann, sind die dem BMG eingeräumten Möglichkeiten sehr weitreichend.

3. Verordnungen im Rahmen des Entlassmanagements

Zugelassene Krankenhäuser dürfen im Rahmen des Entlassmanagements Arzneimittel nun nicht mehr nur mit der kleinsten, sondern mit der größten Packungsgrößenkennzeichnung verordnen. Die Verordnung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln und bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung ist für einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen zulässig (§ 1 Abs. 3).

 

Stand: 09.04.2020

 

 

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